[R322/3] Depressionen, Ängste, Psychosen und andere psychische Erkrankungen können Eltern so belasten, dass sie nicht mehr weiter wissen. Eine Mutter berichtet von ihrem 21jährigen Sohn, der seit sechs Jahren an Depression und Ängsten leidet. Er setzte aber sein Medikament einfach ab. Am Wochenende wohnt er bei seiner Freundin. Zu Hause liegt er meist im Bett seines Kinderzimmers. Wenn etwas nicht gut läuft, sind andere Schuld. Seit Ostern geht er 1x pro Woche zur Schule. Er wurde zur Fachabitur-Prüfung zugelassen, obwohl er sehr viele unentschuldigte Fehlstunden hat. Er geht nicht zum Arzt für ein Attest. Er redet darüber nicht mit seiner Mutter; ist frech, wenn sie fragt. Er sagt, es gehe ihm schlecht. Die Mutter möchte diese (Wohn-)situation beenden. Ihre Partnerschaft leidet sehr unter der familiären Situation. Sie fragt sich u.a.: Was hat ihr Sohn von diesem Verhalten?
Eine mögliche Antwort lautet: Erlernte Hilflosigkeit – er möchte keinen Misserfolg erleben. Eine weitere Antwort lautet: Man muss den Jungen aus seinem Kinderzimmer rausschmeißen. Er muss lernen, dass er selbst für sein Leben verantwortlich ist (Selbstwirksamkeit). Es gibt Anlaufstellen für ihn! Er muss lernen, dass er sich selbst kümmern kann.
Eine entsprechende Geschichte wussten drei weitere Mütter zu erzählen, die auf unterschiedliche Weise dem Sohn bzw. der Tochter klar gemacht haben, dass sie nicht mehr zu Hause wohnen können: einem 15jährigen wurde die Tasche vor die Tür gesetzt, ein anderer Sohn wurde freundlich von der Polizei mitgenommen, eine Tochter wurde bei einer Freundin abgesetzt. Die drei Mütter haben sich dabei scheußlich gefühlt, haben aber durchgehalten und zu allen drei längst erwachsenen „Kindern“ besteht ein guter Kontakt. Denn: Es geht nicht darum, sein Kind fallen zu lassen, es geht darum, mit dem Tragen des Kindes aufzuhören und es loszulassen.